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„Es gehört zu meinem Verständnis von Demokratie, nicht nur immer zu nehmen, sondern der Gemeinschaft auch etwas zurückzugeben.“

Bernd Butkereit engagiert sich im Ehrenamtsbüro Reinickendorf, seit Anfang des Jahres in der Trägerschaft der Stiftung UNIONHILFSWERK Berlin. Im Interview erläutert der 69-Jährige, was ihm an der Freiwilligenarbeit Freunde macht, wie er die richtige Aufgabe für Interessenten findet und worauf er sich nach der Corona-Krise am meisten freut.

Interviews in Zeiten von Corona – zwei freiwillig Engagierte aus Reinickendorf im Gespräch: Hans-Bernhard Henkel-Hoving (li) befragt Bernd Butkereit

Herr Butkereit, seit wann engagieren Sie sich schon ehrenamtlich?

Eigentlich schon von meiner Jugend an. Ich war Klassensprecher und Azubi-Vertreter, habe später als Elternvertreter einen Schul-Förderverein mit ins Leben gerufen und war als Personalrat tätig, um nur einige meiner ehrenamtlichen Aufgaben zu nennen. Nachdem ich in Rente gegangen bin, habe ich mich dann im Ehrenamtsbüro des Bezirks Reinickendorf engagiert. ,

Was hat Sie dazu bewogen, Freiwilligen-Arbeit zu übernehmen?

Es macht mir einfach Spaß, mit Menschen umzugehen und etwas zu organisieren. Zudem gehört es zu meinem Verständnis von Demokratie, nicht nur immer zu nehmen, sondern der Gemeinschaft auch etwas zurückzugeben.

Können Sie bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit auf frühere berufliche Erfahrungen zurückgreifen oder haben Sie ganz bewusst Neuland betreten?

Mir kommt natürlich meine jahrelange Arbeit als Personalrat sehr zu gute. Ich habe eine gewisse Menschenkenntnis erworben und weiß in der Regel nach zehn Minuten, was für ein Mensch vor mir sitzt: Will der oder die nur mal quatschen oder geht es um ernsthaftes Interesse an einer ehrenamtlichen Aufgabe? Viele, die zu uns ins Ehrenamtsbüro kommen, wollen ganz bewusst etwas Anderes machen, als sie bisher in ihrem Beruf getan haben. Ehemalige Erzieher zum Beispiel winken meist ab, wenn ich ihnen vorschlage, in der Schule oder in der Kita Bücher vorzulesen.

Was macht Ihnen an der Arbeit im Ehrenamtsbüro in Reinickendorf am meisten Freude?

Wenn ich die richtigen Interessenten an eine für sie passende Organisation vermitteln kann, ist das einfach ein schönes Erfolgserlebnis. Dabei hilft dem zehnköpfigen Team des Ehrenamtsbüros auch ein Interview-Fragebogen. Mit dem versuchen wir, die unterschiedlichen Interessen und die gewünschte zeitliche Dimension des Engagements herauszufinden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Zu uns kommen ganz überwiegend Rentner, die es sich aber zum Teil nicht einmal leisten können, zwei Mal pro Woche einen Fahrschein zu lösen, um ein Ehrenamt wahrnehmen zu können. Dann schaue ich nach, welche der rund 160 Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten, wenigstens eine kleine Aufwandsentschädigung zahlt. Ein schönes Beispiel sind auch zwei 15-jährige Schüler, die ich vor etwa zwei Jahren an eine Naturschutzorganisation vermitteln konnte. Der Junge und das Mädchen sind dort heute noch aktiv.

Seit kurzem ist das UNIONHILFSWERK Träger des Ehrenamtsbüros. Hat das Auswirkungen auf Ihre Arbeit gehabt?

Noch nicht, das liegt sicherlich vor allem an der Corona-Epidemie und der damit verbundenen Schließung des Ehrenamtsbüros. Immerhin haben wir jetzt hauptamtliche Unterstützung bei der Betreuung unserer Website und beim Aufbau einer Datenbank. In Letztere wünschen wir uns die Organisationen aufzunehmen, die auch kontinuierlich mit uns zusammenarbeiten möchten. Darüber hinaus sucht das UNIONHILFSWERK zusätzliche Räumlichkeiten im Bezirk Reinickendorf, um die Wahrnehmung des Ehrenamtsbüros zu steigern – insbesondere bei jungen Leuten. Das könnte auch dabei helfen, uns in der Lokalpolitik bekannter zu machen und dort das Interesse an unserer Arbeit zu verstärken.

Durch die Corona-Epidemie ist vieles nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich. Wo haben Sie das als Ehrenamtlicher zu spüren bekommen? Und müssen Organisationen wie das UNIONHILFSWERK nach Corona möglicherweise künftig neue Wege gehen?

Corona hat dazu geführt, dass wir unsere übliche Arbeit komplett einstellen mussten. Die eigens für Reinickendorf eingerichtete Corona-Hilfe-Hotline ist leider kaum nachgefragt worden, viele haben sich offenkundig schon Hilfe – etwa beim Einkaufen – im Bekanntenkreis gesucht. Prima wäre es, wenn Hilfesuchende und Hilfegebende künftig direkt über unsere Website zueinander finden könnten, so dass wir als Ehrenamtsbüro auch diejenigen erreichen würden, die sich nur punktuell engagieren möchten und nicht im eigentlichen Sinne ehrenamtlich tätig werden wollen. Das UNIONHILFSWERK würde dann die Plattform für solche neuen, informellen Formen des Engagements bieten.

Wenn die Corona-Krise wieder vorbei ist – auf was freuen Sie sich am meisten?

Dass meine Frau und ich endlich wieder unsere drei kleinen Enkeltöchter besuchen dürfen, wir alte Freunde wieder in den Arm nehmen können und beim Einkaufen keine Maske mehr nötig ist. Dass also alles wieder diese schöne Normalität und Selbstverständlichkeit hat.

 

Das Ehrenamtsbüro Reinickendorf befindet sich seit 1. Januar 2020 in Trägerschaft der Stiftung Unionhilfswerk Berlin. Ralf René Gottschalk, der Projektleiter, und eine Kollegin sind die hauptamtlichen Mitarbeiter. Im Auftrag des Bezirkes befördern sie zusammen mit Bernd Butkereit und dem ehrenamtlichen Team das soziale Engagement in seiner ganzen Vielfalt.

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