Sie sind aus der Ukraine geflohen. Woher kommen Sie genau?
Wir kommen aus Charkiw. Geboren und aufgewachsen bin ich in Afghanistan, habe aber seit Jahren die ukrainische Staatsbürgerschaft.
Seit dem 24. Februar herrscht Krieg in der Ukraine. Wie haben Sie diesen Tag erlebt?
Wir haben gehört, dass Russland den Krieg beginnen wird. Auch im Fernsehen wurde darüber berichtet. Am 24. Februar morgens um 5.00 Uhr wachten wir auf. Wir hörten Geräusche. Sie kamen von den Bomben. Wir versteckten uns im Keller und blieben ein paar Tage dort.
Aber lange konnten Sie nicht im Keller bleiben…
Ja. Wasser und Essen gingen uns aus. Deswegen mussten wir die Entscheidung treffen, unser Land zu verlassen. Erst stiegen wir in den Zug nach Lviv an der polnischen Grenze. Von dort fuhren wir mit dem Bus weiter nach Berlin. Insgesamt waren wir vier Tage unterwegs.
Wie geht es Ihnen jetzt?
Wir fühlen uns sicher. Ich mag es hier. Die Leute sind nett, sehr freundlich. Aber wenn du nicht an eine andere Kultur gewöhnt bist und nicht die Sprache sprichst, dann ist es manchmal schwer.
Haben Sie alles, was Sie brauchen?
Im Moment haben wir alles, was wir brauchen. Aber wer seine Heimatstadt verlassen und sogar in ein anderes Land ziehen muss, vermisst viele Dinge. Ich vermisse die Ukraine. Ich vermisse meine Freunde, meinen Bruder und die Familien, die wir zurückgelassen haben. Als wir an der Grenze zu Polen waren und der Bus Richtung Berlin kam, musste ich weinen. Es fiel mir schwer, alles hinter mir lassen zu müssen. Das ist das Traurigste, was einem Menschen passieren kann.
Können Sie schon sagen, wie es mit Ihnen und Ihrer Familie weitergeht?
Wir möchten wieder zurück in unsere Heimat. Aber es dauert einige Zeit, den Konflikt mit Russland zu beenden und die Ukraine wiederaufzubauen. Im Moment hoffe ich, dass Deutschland uns die Gelegenheit gibt, zumindest den Kindern eine gute Bildung zu geben. Das ist das Wichtigste.
Ein kurzes und dennoch sehr wichtiges Interview. Danke sehr dafür, dass hier stellvertretend ein Mensch zu Worte und ins Bild kommt, der für eine Gruppe von geflücheten Menschen steht, die in der medialen Darstellung oftmals nur als „Randnotiz“ sichtbar werden. Gerade jetzt zu den internationalen Wochen gegen Rassimus (14.3.-27.3.) ist der Beitrag mehr als passend, um darauf aufmerksam zu machen, dass wir bei dem Engagement mit und für geflüchtete Menschen ALLE im Blick behalten sollten. Eine gelingende Gleichbehandlung braucht immer auch die Aufmerksamkeit für marginalisierte und unterrepräsentierte Menschengruppen.