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„Wir sind hier alle irgendwie fahrradverrückt!“

Wer an Kellergewölbe denkt, dem kommen wahrscheinlich meist Worte wie Dunkelheit, Spinnenweben und Gerümpel in den Sinn. Wer allerdings mal dienstags zwischen 16 und 19 Uhr den Keller der Gemeinschaftsunterkunft in der Treskowstraße betritt, wird hinterher deutlich positivere Assoziationen im Kopf haben.

Schon die ganz Kleinen lernen, wie sie ihre Räder reparieren können.

Denn genau hier treffen sich jede Woche Geflüchtete und Freiwillige mit dem gemeinsamen Ziel, ihre Fahrräder, aber auch Kinderroller und Rollstühle wieder auf Vordermann zu bringen und gleichzeitig in einen fruchtbaren interkulturellen Dialog zu treten. Quasi eine Win-Win-Situation.

Gewerkelt und geschraubt wird hier nach dem Prinzip Selbsthilfe-Werkstatt: Die vier verantwortlichen Freiwilligen reparieren mit den Geflüchteten also nicht nur ihre Räder, sondern begleiten beim Selbermachen und leisten somit Hilfe zur Selbsthilfe! Getreu dieses Mottos werden Interessierte hier zur Selbstständigkeit ermutigt.

Nach der Aussage von Kai (49) sei das übergeordnete Ziel, die Fahrradwerkstatt zu einem Selbstläufer zu machen. Und das läuft anscheinend ganz gut, denn drei der Bewohner besitzen bereits einen eigenen Werkstattschlüssel. Nach seiner Motivation gefragt, antwortet Kai: „Nicht nur zur Kenntnis nehmen und darüber quatschen, auch was tun!“ Alle Freiwilligen sind fahrradinteressiert und mögen die Kombination aus der Kommunikation mit Geflüchteten und handwerklicher Arbeit, die Kai und seinen Kollegen in ihrem beruflichen Alltag oft zu kurz kommt. Sie sind der Überzeugung, dass sie hier selbst noch einiges dazulernen können, da viele Geflüchtete mit guten Vorkenntnissen kommen und andere wiederum mit einigem Geschick improvisieren.

Ein Stück Willkommenskultur

Das ganze Projekt fühlt sich wie eine Gemeinschaftsaktion an. Alle arbeiten hier für- und miteinander. Die freiwilligen Schrauber haben sich bereits miteinander angefreundet und auch mit den Bewohnern sind im Laufe der Zeit persönliche Kontakte entstanden. Zwischen den hochkonzentrierten und herumwuselnden Menschen stehend, fühlt es sich wirklich sehr familiär an und ein unglaublich positives und offenes Klima ist spürbar. Jens (53), der bereits seit anderthalb Jahren freiwillig tätig ist, zeigt sich mehr als zufrieden mit dem Gelingen des Projekts und ist immer wieder glücklich, wenn Bewohnerinnen und Bewohnern der Schritt in die Selbstständigkeit gelingt. Der zweite Jens (50) im Bunde betont die Wichtigkeit der interkulturellen Kommunikation und die gesellschaftliche Verantwortung: „Die Leute sollen merken, dass sie willkommen sind und dass nicht alle Deutsche sie ablehnen.“

Weitere Unterstützung ist gefragt

Was sich an Materialien, Werkzeugen und Fahrrädern ansammelt, sind ausschließlich gespendete Güter. Erhaltene Aufwandsentschädigungen für das Engagement investieren die Freiwilligen nach eigener Aussage wieder komplett in die Werkstatt. Obwohl das Projekt überaus erfolgreich läuft, sind zusätzliche Sach- und vor allem Zeitspenden wünschenswert – ein bis zwei Stunden im Monat pro Freiwilligem würden schon reichen. Natürlich dürfen sich auch interessierte Schrauberinnen trauen. Die Anforderungen an Interessierte sind niedrigschwellig, es werden keine hochqualifizierten Fahrrad-Schlosser erwartet, sondern vielmehr Begeisterung und Engagement. Fehlende Kenntnisse werden natürlich liebend gerne vermittelt.

In naher Zukunft soll das Projekt Mädchen-Fahrrad-Werkstatt in den gleichen Räumlichkeiten stattfinden, das vom Kooperationspartner OUTREACH Mobile Jugendarbeit Berlin  gestaltet wird.

Sachspenden rund ums Fahrrad können hier angemeldet werden. Bei allen Fragen zum Thema Freiwilligenengagement und Zeitspenden in der Einrichtung in Pankow ist Ralf-Rene Gottschalk der richtige Ansprechpartner.

 

2 Kommentare zu “„Wir sind hier alle irgendwie fahrradverrückt!“”

  1. Konstanze |

    Hallo….

    eigentlich hatte ich heute nach der uhw Werkstatt in Neukölln gesucht aber die gibt es scheinbar nicht mehr?
    Daher wünsche ich jetzt nicht mehr die Reperatur eines Fahrrades, sondern biete jetzt 3 Fahrräder als Erstzteilspender an. Zum Verschenken!!!
    Sie sind allerdings teilweise schon ziemlich eingerostet….also sichtbarer Rost an Zahnrädern usw. Platte Reifen, Gangschaltung kaputt…..ich weiß nicht, ob es zum ausschlachten reicht.

    Schaut es euch an. Tel. 0176 27869609

    LG Konstanze

    1. Yvonne Gaebel |

      Hallo Konstanze,

      Hier könnte es Bedarf geben:
      In Reinickendorf gibt es das W.i.R. Netzwerk, das ein Willkommensbündnis ist und vermutlich Bedarf hätte, da es in mindestens einer der vier Reinickendorfer GU’s eine Fahrradwerkstatt gibt.
      Ute Korthals – W.i.R.
      geschaeftsstelle@wir-netzwerk.de

      Eventuell auch beim Elisabethstift in Hermsdorf: Frau Thutewohl: Ehrenamt Ehrenamt@Elisabethstift-Berlin.de

      Vielen Dank und beste Grüße

      Ihr Redaktionsteam

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