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Mein 9. November 1989 – Ulrike Freybe

An dem Abend, als die Mauer fiel, war ich drei Jahre alt und lag schlafend auf dem Rücksitz im Trabbi meiner Eltern. Als eine von fünf Geschwistern war meine Mutter die Einzige, die noch nicht „rüber gemacht“ hatte. Doch nun sollte es soweit sein.

Wochen voller Anspannung und Geheimnisse hinter sich, entschlossen sich meine Eltern an dem Tag alles auf eine Karte zu setzen.

Am späten Abend sollte es im Schutz der Dunkelheit Richtung Prag gehen – immerhin hatte es ein Bruder von dort aus schon in den Westen geschafft. Das Nötigste war gepackt. Das schlafende Kind im Auto verstaut, mussten meine Eltern nur noch den Abschied von den Großeltern hinter sich bringen. Mein Opa stand schon aufgeregt in der Tür, als sie ankamen. Als meine Mutter ihm den Plan von der Flucht offenbarte, antwortete er:

„Habt ihr kein Radio gehört? Die Grenze ist offen, ihr braucht nicht zu gehen.“

Tatsächlich hatten meine Eltern in der Aufregung andere Sachen im Sinn, als genau an diesem Abend Radio zu hören und hatten so weder die Pressekonferenz mit Günter Schabowski noch alles, was danach passierte, mitbekommen. Voller Erleichterung und Hoffnung auf das, was kommen würde, fuhren meine Eltern mit mir wieder nach Hause – sie brauchten ja jetzt nicht mehr zu gehen.

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