Die Entscheidung der USE gGmbH, ihr Angebot für Menschen mit einer psychischen Behinderung auch auf Brandenburg auszuweiten, fiel schon vor mehr als zehn Jahren. Denn immer wieder wendeten sich Menschen, die einen Werkstatt-Platz suchten, an die USE. Auch lange nach der Wende schien der Bedarf im Umland von Berlin noch nicht gedeckt zu sein.
Blick zurück
Auf der Suche nach einem geeigneten Standort für eine Werkstatt wurde man bei der Biomalz Fabrik in Teltow fündig. In dem alten Backstein-Gebäude-Komplex mit den ansässigen Gewerbe-Treibenden, Kunst- und Kulturschaffenden konnte man sich die Werkstatt sehr gut vorstellen: ein idealer Ort, um Menschen mit Behinderung zu integrieren.
In den folgenden Jahren baute die USE die Werkstattbereiche Garten- und Landschaftsbau, Metallbau, Baubetrieb, Schneiderei, Verwaltung und Hauswirtschaft auf. Neu waren in dieser Betriebsstätte die Abteilungen Digitaldruck und Lettershop – eine Ergänzung des PrintingHouses in der Genter Straße in Berlin. Später kamen die Bereiche Tischlerei, Malerei und Konfektionierung noch hinzu.
Bis zur Klärung, welches Bundesland – Berlin oder Brandenburg – zuständig war, vergingen allerdings noch fast zwei Jahre. In dieser Zeit konnte die USE aber bereits die ersten Menschen mit Behinderung aufnehmen, so dass Ende 2011 bereits 22 Beschäftigte in Teltow tätig waren. „Nach ersten harten Jahren, in denen wir unsere Ideen und unser Konzept mehrfach überdenken und auf die Bedürfnisse der Menschen in der Region besser anpassen mussten, entwickelte sich ein florierender, bunter Werkstattstandort. Mittlerweile sind die Möglichkeiten auf dem Biomalz Gelände sogar etwas zu eng geworden. Deshalb suchen wir nach Möglichkeiten, uns auf und mit der Biomalz Fabrik in den nächsten Jahren weiterentwickeln zu können – um als fester Bestandteil der Arbeitswelt den Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen gute Angebote zur beruflichen Bildung und Weiterentwicklung anbieten zu können“, beschreibt Andreas Sperlich, Geschäftsführer der USE, die Entwicklungen.
Tatsächlich reichen die ursprünglich geplanten 77 Plätze heute nicht mehr aus, um den Beschäftigten in acht Arbeitsbereichen ihren beruflichen Weg zu ebnen, weitere Plätze werden benötigt. Und einige Beschäftigte konnten in dieser Zeit in eine Ausbildung oder auf betriebsintegrierte Arbeitsplätze wechseln.
Die Netzwerke
Ein wichtiger Baustein zum Erfolg war die gute Vernetzung vor Ort. Zur evangelischen Kirchengemeinde der St.-Andreas-Kirche in Teltow pflegte man von Beginn an gute Kontakte. Über das gemeinsame Projekt Engel & Mensch entstand eine fruchtbare, bis heute andauernde Zusammenarbeit, berichtet Pfarrer Christoph Noack. Als die Gemeinde 2011 mit der Pflege ihrer Grünflächen nicht mehr zufrieden war, beauftragte sie den Garten- und Landschaftsbau der USE. Heute pflegt er regelhaft das Friedhofsgelände Teltow und die drei großen Grundstücke Andreaskirche, Pfarramt und Gemeindezentrum mit Kita in der Mahlower Straße. „Mit der USE setzen wir unseren integrativen Ansatz fort. Wir schätzen die inklusive und menschliche Form der Zusammenarbeit vor Ort sehr. Und wir wissen, auf sie kann man sich verlassen.“, beschreibt Noack die Zusammenarbeit.
Die Diplom-Psychologin Sonja Massow vertritt seit 2012 das Sozialunternehmen nicht nur nach innen, sondern auch in der Region. Dadurch, dass sie in vielen Netzwerken von Potsdam-Mittelmark vertreten ist, machte sie die gute Arbeit der USE in den letzten neun Jahren immer bekannter. Für diese gute Arbeit sorgt auch sie selbst: Als Reha-Managerin betreut sie die behinderten Menschen, die in der USE beschäftigt sind. Sie leistet Beistand in Krisen, unterstützt beim Antragstellen und ist zuständig für die Reha-Verlaufplanung. Gemeinsam mit der Standortleiterin Cornelia Fiedler und den Kolleg*innen vor Ort möchte sie das wichtige Angebot in der Region noch weiter ausbauen – „…denn hier finden gerade Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung gute Perspektiven für die Teilhabe am Arbeitsleben,“ erklärt Sonja Massow.
Austauch mit Frankreich
Ein guter Kontakt entstand so auch zur Stadt Teltow und dem Bürgermeister Thomas Schmidt. Bei einem Werkstatt-Besuch lernte er u.a. die Fachgebietsleiterin der Kreativen Textilwerkstatt, Josefine Degraa, kennen. Und eine Idee war geboren: Die Stadt beauftragte die Textilwerkstatt mehrmals, kleine Rübchen-Schultüten für die Teltower ABC-Schüler zu nähen.
Zudem regte der Bürgermeister den Austausch mit der französischen Partnerstadt Gonfreville L’Orcher an. 2018 und 2019 fanden gegenseitige Besuche von USE und l’ESAT Gonfreville, einer ähnlichen Einrichtung, statt, die nur wegen Corona unterbrochen werden mussten.
„Von Anbeginn an war die USE eine Bereicherung für unsere Stadt. Ein Mosaikstein, der das Sozialgefüge in der Stadt ergänzt und noch mehr komplettiert hat. Sogar in unserer französischen Partnerstadt Gonfreville L’Orcher sind enge Freundschaften entstanden, die ihren Ursprung im Haus der USE hatten. Europa wächst zusammen und wir sind stolz darauf!“ schätzt Thomas Schmidt die Zusammenarbeit mit dem Sozialunternehmen.
Zehn Jahre, das ist ein Jubiläum, zu dem in der Regel gern mal die Korken knallen. Vor allem wenn man so gute Akteur*innen und Partner*innen an seiner Seite weiß. Aber leider geht das nicht unter Corona-Bedingungen.
Dennoch möchte der USE-Standort in Teltow dieses Ereignis nicht einfach verstreichen lassen. Mit Aktionen in den sozialen Medien und einem kleinen, internen Fest am 27. August will man die Leistungen der Mitarbeitenden und Beschäftigten in den vergangenen Jahren würdigen.
Viel Spaß dabei!
Herzlichen Glückwunsch und weiterhin eine erfolgreiche Entwicklung!