Riskanter oder abhängiger Konsum legaler oder illegaler Drogen, verschriebener oder nicht verschriebener Medikamente kann uns in allen Bereichen sozialen Engagements begegnen. Engagierte und Interessierte waren herzlich eingeladen, sich von Werner Brose, der seit 30 Jahren Berater für suchterkrankte Menschen in Berlin ist, über die aktuelle Praxis der Suchtberatung und Hilfsangebote informieren zu lassen.
Bevor Werner Brose den Teilnehmenden praktische Tipps an die Hand gibt, wie man Betroffenen konsumbedingter Störung helfen kann, fragt er in die Runde, mit welchen Personengruppen wir beruflich zu tun haben und verdeutlicht uns damit, dass jede Lebenssituation individuell zu betrachten ist. Die Antworten fallen vielseitig aus: Geflüchtete, Arbeitssuchende, Im Sterben liegende, Menschen mit Migrationshintergrund, Obdachlose und Sexarbeiter*innen.
Moralische Appelle sind nicht angebracht
Statt moralischer Appelle, erklärt er, sind die Ursachen und der Grund ihrer konsumbedingten Störung gemeinsam mit den Betroffenen zu erörtern. Genau das wird auch in einem Gespräch in einer Sucht-Beratungsstelle getan. Hier können sich Betroffene melden, die mit einer konsumbedingten Störung, gleich welcher Art, zu kämpfen haben. Bei einer Suchtberatung geht es dann in erster Linie darum, die Betroffenen so gut wie möglich zu informieren und Ziele und Wunschvorstellungen herauszuarbeiten. Die Grundsätze in der Beratung sind die zeitnahe Aufnahme, die Akzeptanz und die Wertschätzung der Betroffenen, die Ressourcenaktivierung und eine ganzheitliche Sicht auf das Leben und die Interessen. Es geht um die Würdigung des Anderen und auch um die Anerkennung, dass ein Suchtmittel neben den negativen Auswirkungen für die Betroffenen eben auch positive Wirkungen haben kann.
Gespräche bei Beratungen können immer auch gemeinsam mit Partner*innen, Freund*innen oder anderen nahestehenden Personen geführt werden. Vor allem dann, wenn es um minderjährige Betroffene geht. Bei einer Nikotin- oder Alkoholabhängigkeit gibt es zusätzlich auch ein großes Kursangebot von Krankenkassen oder anderen Stellen.
Eine Patentlösung gibt es nicht
In diesem Seminar haben wir gelernt, dass es bei der Hilfe von Suchterkrankten vor allem darum geht, die Lebenssituationen der Betroffenen zu betrachten: Verständnis zu zeigen, die Interessen und Wünsche des Gegenübers zu beachten und vor allem Vertrauen aufzubauen. Nur mit den richtigen Ressourcen schaffen es Suchterkrankte, ohne das Suchtmittel auszukommen, denn hinter einer konsumbedingten Störung stecken individuelle Ursachen und Gründe. Eine Pauschalstrategie, wie mit konsumbedingten Störungen umzugehen ist, gibt es nicht. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass immer die Möglichkeit besteht, Ressourcen zu beschaffen, sodass Betroffene genug Kraft haben, ihre Situation und ihr Verhalten für die eigene Gesundheit zu ändern.
Beratungsangebote gibt es überall in der Stadt und Betroffene, aber auch Engagierte, können sich dort mit der Gewissheit auf gute Unterstützung melden. Wir Freiwilligen haben gelernt, dass suchtbedingte Störungen oft viel näher in unserem Umfeld sind, als wir denken und dass es sich lohnt, mit einem emphatischen Blick darauf zu schauen, um das Thema zu entstigmatisieren.
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