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„In diesen schwierigen Zeiten sind wir erst recht für die Menschen da“

Wie geht eigentlich eine Begegnungsstätte für Senioren mit der Corona-Krise um, wo genau das Begegnen seit einer langen Zeit schon nicht mehr möglich ist? Alles anders – alles neu, ist auch im sonst bürgernahen Seniorenzentrum Friedrichshain in der Singerstraße 83 angesagt. Aber an „Zumachen und Abwarten“ denkt man hier nicht. Die gute Laune lassen sich die Leiterin Anne Fritzsche und ihr Team - bestehend aus aktuell vier Ehrenamtlichen - durch das kursierende Corona-Virus schon lange nicht vermiesen. Frohen Mutes und mit jeder Menge guter Ideen möchten sie weiterhin für die Besucher, die sonst die vielfältigen Angebote des Seniorentreffs nutzen, da sein – sogar intensiver als je zuvor.

Der liebevolle Bringdienst wurde schon sehnsüchtig erwartet.

Wo sonst die Friedrichshainer Bezirksverbandsmitglieder des Unionhilfswerk e.V. oder die Bewohner des Hochhauses regelmäßig zu Geburtstagsrunden mit Frühstück zusammenkommen, gemeinsam sporteln, Gesellschaftsspiele spielen, singen oder klönen, bleiben die Stühle zwar weiterhin hochgestellt und die Begegnungsstätte ist nun vielmehr nur noch eine telefonische Beratungsstelle, aber dennoch passiert hier so einiges. Es war schnell klar, dass das normale Angebot durch die vorherrschenden Ausgehbeschränkungen und das Kontaktverbot von keinem der Besucher mehr genutzt werden kann, da sie zur Risikogruppe gehören und angehalten sind, zu Hause zu bleiben, um sich zu schützen.

Anne Fritzsche und ihr Team haben Mitte März ein umfangreiches Hilfsangebot ins Leben gerufen, um sowohl diejenigen im nun neuen Alltag zu unterstützen, die nicht die Möglichkeit oder Bedenken haben das Haus zu verlassen, als auch generell in diesen schwierigen Zeiten für die Menschen da zu sein – nur eben anders. Per Brief wurden die Bezirksverbandsmitglieder angeschrieben und Aushänge im Haus informieren die dortigen Bewohner und die Nachbarschaft über das Beratungs- und Versorgungsangebot sowie über Begleitdienste des Seniorenzentrums.

Das Hilfsangebot wird dankend angenommen

Konkret erledigen Frau Fritzsche und die Ehrenamtlichen Besorgungen im Supermarkt und Apotheken, begleiten die Senioren zu Ärzten bzw. holen Rezepte ab, beraten zu Rundfunkbeitragsbefreiungen, kontaktieren Sozialämter, beantragen den Pflegegrad per Online-Formular und vieles mehr. In der digitalen Welt einzukaufen, Anträge zu stellen oder zu kommunizieren ist für jüngere Menschen aktuell die Alternative für viele Erledigungen. Allerdings sind nur die wenigsten älteren Menschen wie auch Hochbetagte damit vertraut bzw. besitzen nicht die Technik, um Online-Angebote zu nutzen. Gerade in diesem Bereich und unter diesen Umständen sind die einstigen Besucher auf die Hilfe des Teams der Seniorenstätte angewiesen und nehmen diese dankend an. Die Ehrenamtlichen versuchen selbst den noch so kleinsten Wunsch zu erfüllen. So berichtet Anne Fritzsche von einem Hausbewohner mit psychischen Einschränkungen, der Auto fahren liebt. Ausgestattet mit Maske nahm sie ihn, zu seiner Freude, bei einer Besorgungsfahrt mit. Auch begleiten die fleißigen Helfer die Senioren auf dem Weg zur Sparkasse und besorgen und verteilen selbstgenähte Alltagsmasken. Nach wie vor sind die Ehrenamtlichen des Seniorenzentrums auch täglich telefonisch von 10-16 Uhr erreichbar und stehen als Ansprechpartner für die verschiedenen Bereiche des täglichen Lebens zur Verfügung.

„Spargel satt“ per Lieferdienst

Ein schönes Beispiel für viel Einsatz, Wille und Kreativität ist das alljährliche Spargelessen. Ein Ausflug nach Friedrichshagen zum Gasthaus Hahn´s Mühle ist unter normalen Umständen eines der Highlights im Programm der Seniorenstätte. Dieses Angebot wurde nicht einfach abgesagt, sondern in ein besonderes kulinarisches Angebot umgewandelt, getreu dem Motto: Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. So entstand die Idee zum „Spargelessen per Lieferdienst“. Statt sich wie gewohnt bekochen zu lassen, haben die fleißigen Ehrenamtlichen nun selber in der Küche des Zentrums den Kochlöffel geschwungen und mit Vorfreude auf eines der Lieblingsessen der Deutschen unzählige Berge an Kartoffeln und frischen Spargel geschält, Sauce Hollandaise gekocht und Schnitzel gebrutzelt. In Thermoboxen verpackt wurde alles – warm und frisch mit Petersilie garniert – bis zur Haustür geliefert. „Nicht nur das Essen auch die Geste war für die Belieferten Balsam für die Seele“, sagt Anne Fritzsche.

 

 

 

„Ein kurzer Plausch an der Wohnungstür ist eine dankbare Ablenkung“

Die neuen Angebote der Seniorenstätte werden sehr gut und gerne angenommen. „Gerade Senioren ohne Angehörige, die psychische Beeinträchtigungen und Ängste haben sind froh, dass wir uns um ihre Einkäufe und Besorgungen kümmern“, sagt Anne Fritzsche. „Auch ein kurzer Plausch auf Abstand ist dann für die älteren Menschen in dem Hochhaus mit rund 200 Wohnungen eine dankbare Ablenkung. So fühlen sie sich dann nicht so alleingelassen.“ Nicht selten bekommen die Helfer zu hören, wie sehr den einstigen Besuchern die Gemeinschaft untereinander fehlt und sie vor allem so gerne mal wieder das Tanzbein schwingen würden. Fragen werden laut, wann denn die liebgewonnene Begegnungsstätte endlich wieder die Türen öffnet. Frau Fritzsche und ihr Team können zwar vieles möglich machen, nur zu dieser Frage haben sie leider auch keine Antwort. Ein Hoffnungsschimmer ist allerdings, dass sich die Seniorenstätte in den Sommermonaten einer Verjüngungskur unterziehen wird: es werden altersgerechte WCs eingebaut, der Fußboden und die Küche werden erneuert und es wird gemalert.

Ein Kommentar zu “„In diesen schwierigen Zeiten sind wir erst recht für die Menschen da“”

  1. Ralf René Gottschalk - Projektleitung Ehrenamtsbüro Reinickendorf - Ein Projekt der Stiftung Unionhilfswerk |

    Liebe Anne,
    es ist einfach gigantisch was du und dein Team gemeinsam mit den Freiwilligen organisieren, koordinieren und umsetzen für die Bewohner*innen. Echt beeindruckend, auch vor dem Hintergrund, dass zurzeit viele Dinge einfach mehr Zeit und Geduld brauchen, um bei der Umsetzung und Durchführung die Schutzmaßnahmen gut einzuhalten. Chapeau!!!
    Viele Grüße an dich und dein Team vom EAB R’dorf, Ralf

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