Besondere Wohnform Neukölln: Ein Ort der Unterstützung und Teilhabe
Historie und Angebot
Der erste Halt der Tour führte zur Besonderen Wohnform Neukölln des Unionhilfswerks (ehemals bekannt als Übergangswohnheim Neukölln). Tilla Eichenauer, Regionalleiterin der Regionen Neukölln und Treptow-Köpenick, sowie das Leitungsteam der Einrichtung, Carolin Rosner und Miriam Abbas, empfingen die Medienvertretenden und Träger herzlich und führten sie durch die Räumlichkeiten.
Die Einrichtung in der Kirchgasse existiert seit 1987 und bietet Erwachsenen mit psychischen Erkrankungen eine temporäre Eingliederungsmaßnahme sowie Betreuung von Patient*innen aus dem Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Die Einrichtung kann 29 Personen in fünf Wohngruppen unterbringen, wobei jede*r Bewohner*in über ein Einzelzimmer verfügt. Gemeinschaftlich genutzt werden Küche, Bäder und Aufenthaltsräume. Zudem verfügt der Standort über einen großen Garten und eine Werkstatt zur arbeitstherapeutischen Beschäftigung.
Fokus auf individuelle Fähigkeiten
Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Unterstützung der individuellen Fähigkeiten der Klient*innen. Ziel ist es, die Bewohner*innen medizinisch, sozial und beruflich zu begleiten und ihre Selbstständigkeit zu fördern. Die Betreuung ist in der Regel auf 2 bis 3 Jahre ausgelegt und wird individuell angepasst. Schwerpunkte liegen auf der Bewältigung des Alltags, administrativer Begleitung, therapeutischer Beratung und Arbeitserprobung.
Positive Rückmeldungen von Bewohner*innen
Die Menschen fühlen sich in der Einrichtung wohl. Ein Bewohner liebt vor allem den großen Garten. Immer donnerstags nimmt er an der Gartengruppe teil, kümmert sich aber auch an den anderen Tagen um Blumen, Kürbisse und die anderen Pflanzen. Ein anderer Bewohner ist erleichtert, nicht mehr im klinischen Maßregelvollzug untergebracht zu sein und fühlt sich in der Besonderen Wohnform Neukölln gehört und frei. Ein weiterer Bewohner hat sich sehr stabilisiert und ist bereit für ein selbstbestimmtes Leben außerhalb der Einrichtung. Der Wunsch nach einer eigenen Wohnung hat sich jedoch bisher nicht erfüllt.
Ein ausführlicher Bericht über das ehemalige Übergangswohnheim in Neukölln ist in der Morgenpost erschienen.
Weitere wichtige sozialpsychiatrische Standorte in Berlin
Niedrigschwelliger Wohnverbund, Prowo Berlin gGmbH
Die zweite Station der Tour führte zum niedrigschwelligen Wohnverbund der Prowo Berlin gGmbH in der Scharnweberstraße in Friedrichshain. Diese Einrichtung bietet obdachlosen Menschen mit komplexen psychiatrischen Unterstützungsbedarfen niedrigschwellige Hilfe an. Hier finden sich Therapeutische Wohngemeinschaften und Unterbringungsmöglichkeiten nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz, mit fließenden Übergängen und ohne Abbruch der Betreuungsbeziehungen. Es besteht eine enge Kooperation mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und dem Vivantes Klinikum am Urban.
soulspace für junge Menschen in Krisen, ajb/Vivantes Krankenhaus am Urban
Dritter Halt war soulspace. Seit seiner Eröffnung 2018 hat sich die Zahl der Nutzer*innen des niedrigschwelligen Angebots in der Kreuzberger Grimmstraße verdreifacht. Es richtet sich an junge Menschen im Alter von 15 bis 35 Jahren. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage, insbesondere infolge der Pandemie, ist die Kapazitätsgrenze von soulspace deutlich überschritten, was den Träger dazu bewegt, weitere Standorte zu planen.
Arbeit für Menschen mit psychischen und geistigen Behinderungen, Raststätte der VIA Blumenfisch gGmbH
Die Tour endete in der Raststätte der VIA Blumenfisch gGmbH. VIA Blumenfisch ist eine anerkannte Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigungen. Der Träger unterstützt den beruflichen Ein- und Wiedereinstieg. Die Raststätte am Südkreuz in Schöneberg ist ein inklusiver Arbeitsort und eine beliebte Adresse für Pausen.
Wunsch- und Wahlrecht für Leistungen erhalten
Das Land Berlin schlägt eine auf Pauschalen basierende neue Leistungs- und Vergütungsstruktur vor. Dieser Vorschlag ist jedoch weder bedarfsgerecht noch orientiert er sich an den individuellen Erfordernissen der Zielgruppe. Sollte dieser umgesetzt werden, droht ein massiver Qualitätsverlust in der Versorgung und Teilhabe von psychisch und kognitiv beeinträchtigten Menschen, die Leistungen über die Eingliederungshilfe beziehen. Die Verhandlungen über den neuen Berliner Rahmenvertrag laufen noch. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Land Berlin anders entscheidet. Das Wunsch- und Wahlrecht für Leistungen muss erhalten bleiben, damit Menschen mit Behinderungen auch in Zukunft selbstbestimmt leben können.
Mehr zur Leistungs- und Vergütungsstruktur des Landes Berlin und den Auswirkungen erfahren Sie in der Stellungnahme des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin e. V.
Fotos: Holger Groß