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Bauvorhaben „Schwiebusser Straße“ – nicht nur der neue Standort für die Mitarbeiter*innen der Verwaltung

Seit 2012 sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltungsbereiche auf zwei Standorte verteilt:  Rund 80 Kolleg*innen haben ihre Büroräume in der Richard-Sorge-Straße in Friedrichshain, die anderen 50 Kolleg*innen sitzen in der Zweigstelle in Lichtenberg. Doch nicht mehr lange, dann werden alle gemeinsam in Kreuzberg ihre Büroräume beziehen. Dafür entsteht ein neuer Standort an der Schwiebusser Straße direkt hinter unserem Pflegewohnheim „Am Kreuzberg“. Wir möchten dieses spannende Vorhaben aus zweierlei Perspektiven beleuchten: Im ersten Schritt sprechen wir mit Norbert Bleisch, der Leiter Gebäudetechnik/Instandhaltung ist und den Bau des neuen Hauses als Projektverantwortlicher koordiniert. In den nächsten Tagen lesen Sie hier außerdem ein Interview mit unserem Stiftungsvorstand Norbert Prochnow und Andreas Sperlich. Von ihnen wollen wir wissen, welche Gründe es für diesen Schritt gibt und was sich die Unternehmensführung von dem neuen Standort verspricht.

Bauherren Norbert Prochnow und Andreas Sperlich sowie Norbert Bleisch (v.l.) als Bauprojektleiter sind ein gutes Team und stehen im stetigen Austausch

7.125 m³ Boden wurde ausgehoben, 1.963,69 m³ Beton geliefert, 700 Steckdosen und 350 Lichtschalter eingebaut. Diese Zahlen klingen beeindruckend und lassen erahnen, dass es hier um ein größeres Bauprojekt geht. Den Auftakt dazu machte ein Architektenwettbewerb. Zahlreiche Entscheidungen waren zu treffen und mit der Nachbarschaft wurde verhandelt. 2018 unterzeichneten die Verantwortlichen die Baugenehmigung und es konnte losgehen. Wir möchten von Nobert Bleisch Einzelheiten zum Bau des neuen Standortes erfahren.

 

Lieber Herr Bleisch, ein so großes Bauvorhaben benötigt eine intensive Vorbereitung und genaue Planung. Seit wann beschäftigen Sie sich damit?

Ja, das stimmt. Ich beschäftige mich seit 2014 mit diesem Projekt.

 

Was waren und sind die größten Herausforderungen?

Hier sind tatsächlich verschiedene Bereiche aufzuführen.

Zum einen haben wir uns anfangs Gedanken zum Raum- / Nutzungskonzept gemacht. Mit der Festlegung der Entscheidungsträger, einen neuen Standort für den Hauptsitz des UNIONHILFSWERK Unternehmensverbundes zu errichten, war mir klar, dass in dem neuen Gebäude ein effektives und zeitgemäßes Raumkonzept umzusetzen sein wird. Damit stand gleichermaßen fest, dass sich die gewohnten Arbeitsplatzkonzepte verändern werden. Weg vom klassischen Schreibtisch-Einzelbüro hin zur modernen und sozialen Begegnungswelt der Zukunft. Die Herausforderung bestand zunächst darin, die Arbeits- und Verwaltungsbereiche mit deren Arbeitsplätzen so effektiv wie möglich auf der zur Verfügung stehenden Nutzfläche unterzubringen.
Dabei aber gleichermaßen auch Arbeitsplatzbedingungen zu schaffen, die der Unternehmenskultur entsprechen, die den bereichsspezifischen Bedarfen gerecht werden, die Anforderungen an zeitgemäße IT, Hardware- sowie Software-Infrastruktur erfüllen und mit denen sich die Mitarbeiter*innen identifizieren können. In Zusammenarbeit mit der Firma Raumhaus, dem Ingenieurbüro Riederer und weiteren Fachleuten wurden zu diesem Thema verschiedenste Informationen eingeholt und nicht zuletzt auch diverse Besichtigungen in Referenzobjekten durchgeführt.

Eine weitere Herausforderung stellte die Abstimmung von Nachbarschaftsfragen dar. Wird in einer Stadt wie Berlin gebaut, sind aufgrund der immensen Dichte der Bebauung stets die direkten Nachbarn betroffen. Für den Zeitraum des Baugeschehens sind zwischen den Beteiligten Vereinbarungen bezüglich Bauablauf, Bauzeit, Lärmbelästigung und dergleichen zu treffen. Zusätzlich ging und geht es aber auch um Aspekte des künftigen Miteinanders.

Auch der Entscheidungsdruck ist herausfordernd. Durch den Bauherrn sind seit Baubeginn täglich eine Vielzahl von Fragen zu beantworten. Hier wird in mindestens 75 Prozent der Fälle sofort, spätestens am darauffolgenden Tag eine Antwort erwartet. Dem gerecht zu werden, stellt eine weitere Herausforderung dar.

Eine der grundlegendsten Herausforderungen stellt jedoch wie bei jedem Bauvorhaben der Kosten- und Termindruck und nicht zuletzt der eigene Anspruch dar. Das wird wohl auch noch einige Tage anhalten.

 

Können Sie uns einen kurzen Einblick in die einzelnen Bauphasen geben und schildern, wie diese verliefen?

Vor Baubeginn im Oktober 2019 waren zunächst noch einige vorbereitende Maßnahmen umzusetzen: die bisherige Feuerwehrzufahrt des Pflegewohnheims musste temporär verlegt und der Fluchtweg sichergestellt werden. Um die Grundvoraussetzung für die spätere Gründung des neuen Gebäudes zu schaffen, folgte das Ausheben der Baugrube.

Mit dem Baubeginn und der Fertigstellung der Tief- und Spezialtiefbauarbeiten zum Jahreswechsel sind wir zunächst gut über den Winter 2019/20 gekommen. Der Hochbau konnte planmäßig im Januar 2020 einsetzen. Auch hier waren wieder sämtliche Materiallieferungen und der Bauablauf exakt aufeinander abzustimmen. Durch ein äußerst zielorientiertes Zusammenwirken von Planungsteam, Objektüberwachung (Bauleitung), Auftragnehmer und Bauherrn konnte auch unter Corona-Bedingungen das Gebäude wie geplant vor dem Winter 2020/21 geschlossen werden. Die termingerechte Ausschreibung und Auftragsvergabe sorgten für einen unterbrechungsfreien Einsatz der Haustechnik-  und Ausbaugewerke. Mit der Bereitstellung einer Winterbauheizung konnten auch über den tatsächlich im November einsetzenden und länger als in den zurückliegenden Jahren anhaltenden Winter 2020/2021 die Arbeiten im und am Gebäude fortgesetzt werden.

Eine gute Baustellenlogistik ist über den Verlauf eines solchen Bauvorhabens eine zentrale Aufgabe. Sämtliche Phasen der Umsetzung, beginnend mit der Planung, über die Ausschreibung und zeitlich genau getaktete Auftragsvergabe bis hin zur Festlegung einzelner Ausführungsdetails müssen aufeinander abgestimmt werden.

 

Hat die Corona-Pandemie den Fortschritt beeinträchtigt?

Auch mit Corona wird mehr gebaut und die Nachfrage nach Bauleistungen im Raum Berlin/Brandenburg ist und bleibt enorm groß. Leider wird aber weniger produziert. Inzwischen kommen auch auf unserer Baustelle erste industriebedingte Verzögerungen an. Holz beispielsweise ist ein sehr knapper und sehr teurer Baustoff geworden, aber ebenso Wasserrohre, Dämmstoffe, Estrich, Kabel und selbst Farben sind derzeit schwer verfügbar und besonders teuer. Die Lieferung von Materialien Just-in-time ist nicht mehr möglich, Lagerfläche auf der Baustelle unter Einhaltung der Arbeitssicherheitsvorschriften aber nur eingeschränkt verfügbar – das wird aktuell zu einer Herausforderung.
Alle Beteiligten sind hier besonders gefordert. Gleichermaßen sorgt dieser Umstand für Verknappung an Arbeitskräften sowie an technischen Bau- und Anlagenteilen. Die größte Herausforderung an dieser Stelle ist, auch bei absolutem Verständnis in der Sache, den Druck auf der Baustelle hochzuhalten, alle Beteiligten im Boot zu behalten, mitzunehmen und die Gespräche in erster Linie stets lösungsorientiert zu führen. Das ist nicht immer einfach.

Auf einer Baustelle Abstands- und Hygieneregelungen einzuhalten ist keineswegs einfach.

Auch wenn unsere Vertragspartner an der Stelle äußerst aufmerksam agieren, so stellt es sich im Alltag keineswegs einfach dar, Abstands- und Hygieneregeln immer gut einzuhalten. Die Abstimmungen auf der Baustelle erfolgen in der Regel im persönlichen Gespräch und anhand von Planungsunterlagen in Papierform. Baubegleitende Planungsrunden finden oft als Hybridveranstaltung statt, hier sind die Bauleitung, Vertreter der Auftragnehmer und der Bauherr auf der Baustelle, andererseits sind Objektplaner (Architekt), Fachplaner und Sachverständige digital zugeschaltet. Der wöchentliche Baurapport mit den ausführenden Gewerken finden zum Schutz inzwischen im Stehen (wenn möglich) im Freien statt. Auch das ist nicht immer einfach.

 

Der Neubau soll hinsichtlich des Energieverbrauchs besonders nachhaltig geplant und gebaut worden sein. Was genau können wir uns darunter vorstellen?

Ziel des Energiekonzeptes ist es, bei größtmöglicher Behaglichkeit und besten Raumkonditionen einen Gesamtprimärenergiebedarf von 100 kWh pro m2 Nutzfläche jährlich nicht zu überschreiten. Das Gebäude ist durch eine kompakte Form, eine doppelschalige Fassade sowie Fensteranlagen mit optimierter Verglasung und geringen Wärmeverlusten sehr energieeffizient. Die hohe Speicherwirkung sorgt dafür, dass das Gebäude nur an wenigen Tagen des Jahres temperiert werden muss. Zur Erhöhung der Speichermasse ist abgesehen von Besprechungsräumen, wo eine Akustikdecke notwendig wird, keine Deckenabhängung in den Räumen vorgesehen.

Wärmepumpe und Solarstromanlage bringen optimale Wärme und leisten einen großen Beitrag zum Klimaschutz

Die Fassadenkonstruktion gewährleistet eine freie Lüftung und eine Nachtauskühlung. Es werden lediglich in den Innenzonen dezentrale Lüftungsgeräte verwendet. Die Beheizung erfolgt über eine klassische Fußbodenheizung, mit der in geringem Umfang auch gekühlt werden kann. Die Wärmeerzeugung erfolgt über eine Wärmepumpe, die ergänzend mit einer Kühlfunktion ausgestattet ist.
Die Wärmepumpenheizung verzichtet nicht nur auf das Verfeuern fossiler Brennstoffe (Erdgas, Öl), sie erzeugt dabei eben auch ausgesprochen geringe Betriebskosten. Aufgrund des Funktionsprinzips sind Wärmepumpen eher Dauer- als Schnellheizer. Ihr Einsatz macht vor allem dann Sinn, wenn der Heizwärmebedarf, wie bei der im neuen Standort eingesetzten Fußbodenheizung, eine niedrige Vorlauftemperatur benötigt.

Wie im Bereich der Elektromobilität stellt sich aber eben auch hier die Frage, woher der zum Betrieb notwendige Strom kommt. Das neue Gebäude ist neben der Wärmepumpe mit einer ergänzenden Photovoltaik-Anlage (Solarstromanlage) zur Eigenstromversorgung ausgestattet. Mit der Nutzung des hier erzeugten Stroms läuft die Wärmepumpe besonders effizient. Da im laufenden Betrieb keine Emission freigesetzt wird, kann mit dem Einsatz der Wärmepumpe ein großer Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Durch die Nutzung des selbst produzierten Solarstroms können die Betriebskosten der Wärmepumpe erheblich gesenkt werden, was zu einem weiteren positiven Nebeneffekt führt. Damit werden die Heizkosten für das Gebäude niedriger. Gleichzeitig steigt durch mehr Eigennutzung die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaikanlage.

Förderung der Grundwasser-Neubildung durch Rigolenanlage

Grundsätzlich wird Niederschlagswasser durch Ableitung in die Kanalisation dem natürlichen Wasserkreislauf entzogen. In vielen Gebieten Deutschlands sinkt der Grundwasserspiegel bereits seit einiger Zeit. Hieraus entstehen u. a. großflächige Schädigungen der Vegetation. Mittels einer Rigolenanlage auf dem Grundstück versickert anfallendes Niederschlagswasser vollständig und wird nicht in die öffentliche Kanalisation eingeleitet. So wird die Grundwasser-Neubildung aktiv gefördert. In diesem Zusammenhang war planerisch sicherzustellen, dass anfallendes Niederschlagswasser schadlos auf dem eigenen Grundstück zurückgehalten wird und auch ein Schutz vor Überflutung bei Starkregen gegeben ist. Die Funktion der Rigole stellt also eine Art Pufferspeicher dar, der anfallende Regenwassermengen zwischenspeichert und danach langsam ins Erdreich abgibt.

Ein grünes Dach mit viel Potential

Um das Volumen des „Pufferspeicher“ möglichst gering zu halten, wurde für das Gebäude ergänzend ein Dach mit extensiver Begrünung geplant. Das Gründach speichert mit seinem Aufbau Niederschlagswasser, erhöht die Verdunstungsrate, entlastet dabei den „Pufferspeicher“ und produziert ferner Verdunstungskühle, die Wärmerückstrahlung wird um 70 Prozent reduziert.

 

Als Leiter des Bereichs Gebäudetechnik/Instandhaltung (GTI) verantworten Sie noch weitere Aufgaben. Wie vereinbaren Sie das mit dem Großbauprojekt?

Die Koordination der Baustelle und das GTI-Tagesgeschäft stellt insbesondere während der Umsetzung des Bauvorhabens eine Herausforderung dar. Neben den Baustellen ist auch pit-FM als GTI-Digitalisierungsprojekt voranzutreiben. Hinzu kommt, dass mit der zunächst coronabedingten Arbeit im Homeoffice der persönliche Kontakt im Team seltener wird und damit der spontane Austausch nicht mehr wie gewohnt gegeben ist. Der Aufwand zur Sicherstellung eines Informationsaustauschs ist deutlich größer als gewohnt. Nicht zuletzt kommt erschwerend hinzu, dass das Pendeln zwischen Büro – Baustelle – Homeoffice (manchmal mehrfach am Tag) einen nicht unwesentlichen Zeitraum des Tages in Anspruch nimmt.

 

Können Sie uns schon verraten, wann mit einem Umzug zum neuen Standort zu rechnen und was bis dahin noch geplant ist?

Der Druck, den Neubau im Rahmen der festgelegten Vorgaben termingerecht fertigzustellen, ist hoch und wird sich vermutlich in den kommenden Wochen noch erhöhen. Bis zu einer bauaufsichtlichen Genehmigung zur Nutzungsaufnahme sind noch viele Punkte abzuarbeiten. Als nächstes stehen zum Beispiel Aufgaben wie das Schließen der Trockenbauwände und Decken, die Installation von Elektrotechnik, Heizungs,- Lüftungs- und Sanitäranlagen, die Oberflächenarbeiten (Maler / Fliesenleger / Fußboden) und die technische Gebäudeausrüstung wie Kältetechnik, Raumlufttechnik, Wärmetechnik an. Die Lieferung und Montage der wichtigen Glastrennwände ist im Juli 2021 vorgesehen. Sind alle Aufgaben erledigt, sind Inbetriebnahmen, Sachverständigenprüfungen und bauordnungsrechtliche Abnahmen für September/Oktober 2021 vorgesehen und einer anschließenden Nutzungsaufnahme steht nichts mehr im Weg. Die Umzugsvorbereitungen laufen und Ausstattungsdetails werden derzeit besprochen.

Vieles ist bereits geschafft, doch bis zur Fertigstellung gibt es noch Einiges zu tun. Ein weiterhin gut funktionierendes und zielorientiertes Zusammenwirken aller Beteiligten wird das Erreichen der gesetzten Ziele ermöglichen. Davon bin ich überzeugt!

Abschließend bin ich ebenso überzeugt, dass mit dem neuen Standort an der Schwiebusser Straße für das UNIONHILFSWERK ein städtebaulich überzeugendes, in nachhaltiger Bauweise errichtetes und insgesamt energetisch effizientes Gebäude mit angemessener Innen- und Außenwirkung entsteht. Die modernen Arbeitsbedingungen werden die Mitarbeiter*innen begeistern und die Zusammenarbeit der Verwaltungsbereiche weiter fördern.

 

Wir bedanken uns herzlich für das spannende Interview, lieber Herr Bleisch, und wünschen weiterhin viel Erfolg und gutes Gelingen.
Lesen Sie in wenigen Tagen auf unserem Blog das Interview mit dem Stiftungsvorstand zum neuen Standort für die Verwaltungsbereiche. Wir fragen unter anderem: Warum ein Neubau?

 

Sehen Sie hier die Bauphasen im Schnelldurchlauf

 

 

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