„Gibst vielen eine Chance, doch nicht allen. Bist für uns da, die wir, wie auch immer erkrankt und behindert sind.“
Seit über dreißig Jahren hat Günter Peterson mit einer psychischen Krankheit zu kämpfen. Die erste Begegnung damit gab es 1984 beim Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee der DDR. „Dort bin ich das erste Mal psychotisch geworden. Zuerst habe ich gedacht, dass die mich so gemacht haben. Erst später realisierte ich meine Krankheit.“ Drei Monate wurde Günter Peterson in einer Klinik behandelt und konnte dank Medikamenten gut damit umgehen. Doch ein paar Jahre später setzte er diese eigenständig ab. So erreichte seine Krankheit 1992 ihren Höhepunkt: „Ich fiel in eine psychische Starre, was sehr selten vorkommt. Sechs Wochen lang konnte ich mich nicht bewegen, habe nichts gegessen und keinen Ton von mir gegeben.“
„Denkst an uns, wenn andere uns aufgeben, verdrängen, abschieben zum weniger Wert sein.“
Doch Günter Peterson ließ sich von seiner Krankheit nicht einschüchtern und versuchte immer wieder in seinem alten Beruf Fuß zu fassen. „Ich komme aus dem Großhandel und bin eigentlich eine gelernte Fachkraft für Warenbewegung mit Meistertitel“. In diesem Beruf hat der heute 60-jährige auch lange Zeit gearbeitet. „Ich war im Obst- und Gemüsehandel tätig und habe dort ein Lager geleitet.“ Doch seine zahlreichen Neustartversuche scheiterten: „Arbeiten mit Medikamenten im Körper ist oft nicht einfach. Ich wurde wieder krank und brauchte Zeit für mich.“ Es folgten Entlassungen und damit eine Perspektivlosigkeit, die ihm schwer zusetzte. „Sobald ein Arbeitgeber meinen Krankenschein gesehen hatte, wurde ich wieder entlassen.“ Nach zwei Jahren als Putzkraft geriet Günter Peterson in eine lange Zeit der Arbeitslosigkeit.
„Hast dies erkannt und öffnest jeden Tag deine Türen, damit auch wir nach getanem Tageswerk sagen können, wir haben etwas geschafft“
Ob er im Juni oder Juli 1998 zur USE kam, daran kann sich Günter Peterson nicht mehr erinnern. „Ich kam zur USE über das Arbeitsamt. Die meinten zu mir, ich solle mal zu einem Sozialarbeiter des Unternehmens, Herrn Päpke, gehen. Er war der erste Mitarbeiter der USE, mit dem ich Kontakt hatte.“ Damals war die Auswahl an Gewerken noch nicht vergleichbar mit dem heutigen Stand. Lediglich die Tischlerei, die Schneiderei, die Küche und die Verwaltung waren am Firmenhauptsitz zu finden. „Wir hatten nur ein paar Räume, erst nach und nach hat die USE die Koloniestraße eingenommen.“ Nach einer kurzen Besichtigung der Gewerke entschied sich Günter Peterson für einen beruflichen Neuanfang in der Tischlerei: „Ich habe mir diese angesehen und für gut befunden.“
„Jeder von uns, wenn auch manchmal nicht viel, doch niemals sinnlos und gibst uns jeden Tag mehr Selbstwertgefühl“
Bis heute ist Günter Peterson ein fester Bestandteil der Tischlerei in der Koloniestraße. Nachdem er dort den Berufsbildungsbereich abgeschlossen hatte, wechselte er in den Arbeitsbereich. Aufgrund seiner beruflichen Vorerfahrung holte ihn der Tischler Mathias Ahlrichs allerdings schnell zu sich in das Büro. „Es gab noch keine Sekretärin, also habe ich die Büroarbeit gemacht.“ Dazu gehörte neben Rechnungen raussuchen und Anrufe entgegennehmen auch die alljährliche Inventur. „Herr Ahlrichs hatte mich gefragt, ob ich das machen kann. Ich wollte helfen und habe natürlich ja gesagt. So konnte er sich um wichtigere Dinge kümmern.“ Seitdem ist er jedes Jahr für die Inventur zuständig und erledigt diese Aufgabe mit Freude. „Es fühlt sich gut an gebraucht zu werden.“
„Danke USE.“
Günter Peterson schätzt die USE und ist froh, hier arbeiten zu können: „Die USE verleiht Struktur und gibt dem Leben einen Sinn.“ Wie lange er es noch schafft, morgens pünktlich im Büro zu erscheinen, weiß er allerdings noch nicht. „Ich werde auch älter, aber so lange Herr Ahlrichs mich morgens im Büro erwartet, komme ich gerne.“ Günter Peterson hat dem Fachgebietsleiter viel zu verdanken: „Herr Ahlrichs ist einer der Gründe, der mich in der USE hält.“
Doch der Gedanke an den Ruhestand kommt Günter Peterson in letzter Zeit häufiger in den Kopf. „Ich möchte gerne mehr Zeit zum Schreiben haben. Denn Schreiben ist mein großes Hobby.“ In seiner Jugend wollte er erst Science-Fiction-Autor werden, entschied sich aber dann noch einmal um. Mittlerweile schreibt er lieber über reale Dinge aus seinem Alltag: „Ich habe letztens im Hof kleine Mäuse beobachtet. Darüber würde ich gerne eine Geschichte schreiben.“ Auch verreisen steht auf seiner Agenda: „Wenn ich dann irgendwann mal in Rente gehen sollte, würde ich gerne Deutschland erkunden.“