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Was es bedeutet, auf Hilfe angewiesen zu sein – ein Selbstversuch

Ich war mit Ursula Illies, Leiterin des Mobilitätshilfedienstes des UNIONHILFSWERK in Reinickendorf, verabredet. An diesem Tag fand im Wilhelmsruher Damm 116 ein Tag der offenen Tür statt, an dem sich unter anderem unser Mobilitätshilfedienst beteiligte. Eigentlich wollte ich mir als Pressereferentin des Unternehmensverbunds nur einen Überblick über die Angebote verschaffen und mit Frau Illies und anderen Engagierten Gespräche führen. Aber es kam ganz anders.

Selbsttest alt sein
Eingeschränkt sehen, fühlen und laufen: So ist das Leben vieler Menschen im Alter

Folgenreiche Mitmachaktionen

Ich ließ mich überreden, an einigen Mitmachaktionen teilzunehmen. Aus der ursprünglich geplanten Stippvisite wurde dadurch ein Selbstversuch. Im Nachhinein bin ich dafür sehr dankbar, denn die Mitmachaktionen sorgten für einen Perspektivwechsel. Ich erfuhr, was es bedeutet, nicht mehr im Vollbesitz meiner Kräfte und auf Hilfe angewiesen zu sein.

Perspektivwechsel: nicht sehen können

Mobi-Dienst-Mitarbeiterin Andrea Schneider setzte mir verschiedene präparierte Brillen auf, die mein Sehvermögen auf unterschiedliche Weise stark einschränkten. Außerdem zog sie mir Gummihandschuhe an und schnallte mir Gewichte um die Unterarme, um zusätzlich meine Mobilität einzuschränken. Meine Aufgabe war es nun, auf einem Notizblock in Visitenkartengröße etwas zu malen oder zu schreiben. Dies war mir nur mit größter Konzentration und sehr langsam möglich. „Jetzt können Sie sich vorstellen, wie es vielen älteren Menschen an der Kasse geht“, sagte Leiterin Ursula Illies.

Alles kann zum Problem werden

Anschließend lud mich Holger Sieg, ein hauptamtlicher Mobilitätshelfer zu einem besonderen Spaziergang ein. Ich setzte also eine Brille auf, die meine Sicht besonders stark einschränkte. Danach hakte ich mich unter und wir gingen los. Ich musste darauf vertrauen, dass mein Begleiter mich sicher führt. Ein mulmiges Gefühl, denn ob Türen, Aufzüge, Treppen oder Richtungswechsel: Alles kann in so einer Situation zum Problem werden. „Deshalb ist es wichtig, als Mobilitätshelfer immer zu erklären, was man gerade tut und was sich wo befindet“, betonte Holger Sieg.

Perspektivwechsel: nicht laufen können

Als wir zurückkamen, wartete die nächste Herausforderung auf mich. Ich probierte das Scalamobil aus. Mit diesem speziellen Rollstuhl können Helfer Menschen mit Mobilitätseinschränkungen Treppen hinunter- und hinaufbegleiten, ohne viel Kraft aufzuwenden. Erwin Blaschka, ein weiterer hauptamtlicher Mobilitätshelfer, brachte mich dafür fast in die waagerechte Position und schob mich bis zur Treppenkante. Wieder machte sich ein ungehagliches Gefühl in meinem Bauch breit. „Das Scalamobil stoppt automatisch“, beruhigte mich Erwin Blaschka. Nach einem Knopfdruck ging es dann entweder sanft nach unten oder nach oben.

Mehr Achtsamkeit und Empathie

Froh, wieder sehen und selber laufen zu können, aber auch froh, dass es die Mobilitätshelfer gibt, verabschiedete ich mich vom engagierten Team des Mobilitätshilfedienstes Reinickendorf. Es war ein Besuch, den ich nicht vergessen werde. Die eigene Hilfsbedürftigkeit zu erfahren, gab mir eine Ahnung davon, wie es anderen geht, die tatsächlich Hilfe brauchen, und wie es mir im Alter gehen könnte. Eine Erfahrung, die mich noch achtsamer und empathischer werden lässt, z.B. wenn es an der Kasse mal wieder länger dauert.

Der Mobilitätshilfedienst Reinickendorf freut sich auch über freiwillig Engagierte. Bei Interesse stehen Ursula Illies (ursula.illies[at]unionhilfswerk.de) und der Leiter des Freiwilligenmanagements Daniel Büchel (freiwillig[at]unionhilfswerk.de) gern zur Verfügung.

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