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50 Jahre Joachim-Fahl-Haus – viel mehr als ein Haus……

Zum 50-jährigren Jubiläum des Joachim-Fahl-Hauses gab es ein sommerliches Fest auf dem Gelände der besonderen Wohnform am Plötzensee. Viele langjährige Freunde, Wegebegleiter*innen und Gratulanten kamen, um zusammen mit den Bewohner*innen und Mitarbeitenden zu feiern. Dazu gab es allen Grund. Denn was 1973 entstand, war innovativ und auf seine Weise einzigartig - bis heute! Über das, was sich innerhalb der vergangenen Jahre und Jahrzehnte entwickelt hat, sprechen wir mit dem Leitungsteam aus dem Joachim-Fahl-Haus, Kirsten Thamm-Kabteni und Michael Stöcker.

Stiftungsvorstand, Geschäftsführerinnen und Leitungsteam feiern gemeinsam mit Bewohner*innen, Mitarbeitenden und zahlreichen Gästen dieses besondere Jubiläum

Das Unionhilfswerk gründete das Joachim-Fahl-Haus als Wohnstättenwerk für erwachsene und ältere Menschen mit geistiger Behinderung und/oder psychischer Erkrankung. Es war bundesweit eines der ersten Betreuungsangebote dieser Art. Statt eines unwürdigen Daseins auf den Langzeitstationen von Kliniken und Hospitälern, erwartete die neuen Bewohner*innen im Joachim-Fahl-Haus von Anfang an liebevolle Betreuung und aktive Förderung – und eine Umgebung, in der Menschen mit Behinderungen bis zu ihrem Lebensende bleiben können.

 

Vor 50 Jahren wurde das sogenannte Wohnstättenwerk in Dahlem gegründet. Was machte die Einrichtung so innovativ? Wie kam es zur Gründung?

Leitungsteam: Nachdem bereits im Jahr 1972 in der Schmargendorfer Rheinbabenallee ein erstes Wohnstättenwerk mit Hilfe der Hilda-Heinemann –Stiftung gegründet wurde, eröffnete bereits ein Jahr später in der benachbarten Podbielskiallee ein zweites, das heutige Joachim –Fahl Haus.
Das Haus in der Podbielksiallee  war zu dem Zeitpunkt schon fast 20 Jahre im Besitz des Unionhilfswerks und wurde bis dato als Schülerheim genutzt.
Nun sollte es ein neues Zuhause von Menschen mit Behinderung und/oder psychischer Erkrankung werden, die teils zuvor in psychiatrischen Kliniken gelebt hatten, teils in ihren Familien, welche nicht selten an ihre Belastungsgrenzen kamen.
Innovativ, natürlich bezogen auf die damalige Zeit, war hierbei vieles gewesen.  Alleine, dass die Menschen nicht mehr abgesondert auf einem Klinikgelände lebten, teils dann einer Beschäftigung nachgehen konnten und später dann auch verreisen konnten.

 

Noch ein Blick zurück: Welche Meilensteine erscheinen Ihnen aus heutiger Perspektive besonders erwähnenswert?

Leitungsteam: In 50 Jahren gab es natürlich viele Veränderungen. So haben sich die Standards und Vorgaben für das Wohnen von Menschen mit Behinderung stetig verändert und damit auch verbessert.

Bei der Gründung im Jahr 1973 war es noch vollkommen üblich, dass Menschen in Doppel- und Mehrfachzimmern lebten, es eine Zentralversorgung gab und deutlich weniger Personal. Im Laufe der Zeit wurde schon am Standort in der Podbielskiallee unter anderem versucht, eine eigene Haushaltsführung in drei Wohngruppen umzusetzen.

Daneben haben sich auch die Haltung der Mitarbeitenden und deren Aufgaben in der Einrichtung stetig verändert. Zu Beginn war die Hauptaufgabe die „Versorgung“ der Bewohner*innen, später wurde sie dann erweitert um die Hilfe zur Selbsthilfe und Förderung zur Verselbständigung. Heute ist unser Auftrag den bei uns lebenden Menschen, selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mittels individuell abgestimmter und vereinbarter Assistenzleistungen zu ermöglichen und damit noch deutlich weiter gefasst und komplexer.

Im September 2002 folgte dann der Umzug ans Nordufer des Plötzensees auf das Gelände des ehemaligen Kinderheimes „Haus Frohsinn“ des Bezirkes Wedding.
Hier war es dann auch besser möglich, die strukturellen Vorgaben aus der Leistungsbeschreibung für sogenanntes stationäres Wohnen im Heim umzusetzen. Dazu zählten unter anderem Einzelzimmer, maximal 8 Menschen in einer Wohngruppe und die dezentrale Versorgung oder eine eigene Haushaltsführung.
Jedes Haus bzw. jede Wohngruppe hat seitdem nun einen eigenen Gemeinschaftsbereich mit Küche, es wird in jedem Haus gekocht und gemeinsam gewirtschaftet. Jedes Haus hat eine eigene Terrasse und ein eigenes Stück Garten, verbunden mit der Möglichkeit, gemeinschaftlich zu leben aber auch genug notwendige Privatsphäre für jeden Bewohner*in.

 

Gab es besondere Hürden? Worauf sind Sie besonders stolz?

Leitungsteam: Eine der schwierigsten – aber auch für uns persönlich besonders beeindruckende und berührende Phase, war die „Corona -Zeit“.

In all den unterschiedlichen Schwankungen von „Corona“, von der anfänglichen Verunsicherung, den ersten Lockdowns, später dann den zahlreichen Quarantänen und Isolationsanordnungen bis hin zur routinierten Versorg von infizierten Bewohnern zeigte sich die ganz besondere Kultur des Joachim-Fahl-Hauses.

Hier herrschte ein beeindruckendes Miteinander von Bewohner*innen und Mitarbeitenden, getragen durch das außergewöhnlich engagierte, solidarische und kompetente Handeln all unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zum Wohle der Menschen, die hier im Joachim-Fahl-Haus leben. Für all dieses, möchten wir anlässlich des Jubiläums nochmals unseren Dank aussprechen.

Es hat uns gezeigt, „wir können hier Krisen“ – auch die Bewältigung einer Pandemie! Und auch, wenn wir gerne auf die nächste verzichten wollen – lässt uns eine nächste nicht bange werden! Wir wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können.

 

Was erzählen Sie neuen Kolleg*innen, die bei Ihnen anfangen, über das Besondere, die Kultur dieses Hauses?

Leitungsteam: Wenn wir den Begriff „besonders“ als „außergewöhnlich“, „individuell“, „unvergleichlich “ oder gar „einzigartig“ verwenden, dann ist das so, wie wir sein wollen -„Besonders“, für jeden Menschen, der oder die hier lebt. Denn genau in diesem Sinne ist das Joachim-Fahl-Haus eine ganz besondere „besondere Wohnform“ mit einem ganz besonderen Zusammenhalt. Ein besonderer Ort, um zu Wohnen und zu Arbeiten und um gemeinsam durchs Leben gehen – manchmal auch bis zum Lebensende.
Zeigt sich unsere Besonderheit oder unsere Unvergleichbarkeit, der Geist einer Gemeinschaft wie dem Joachim-Fahl-Haus auch oft im „normalen“ Alltag, bei besonderen Anlässen wie den zahlreichen Feiern, die wir hier gerne begehen – so wird sie besonders deutlich in „schwierigen“ Zeiten.

 

Jetzt noch ein Blick in die Zukunft – worauf freuen Sie sich? Wo sehen Sie größere Herausforderungen?

Leitungsteam: Ausreichend neue Mitarbeitende und Auszubildende zu gewinnen, ist sicherlich mit eine der größten Herausforderungen auch wenn uns dies bis dato noch immer gelungen ist. Wir freuen uns auf noch viele gemeinsame Jahre zusammen mit unseren Bewohner*innen und Mitarbeitenden!

 

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